ProjektSchimmernder Prototyp

Zentrum für Angewandte Quantentechnologie ZAQuant, Universität Stuttgart

Projekttafel

Nach drei Jahren Bauzeit wurde es im Oktober 2021 eröffnet: das ZAQuant in Stuttgart. Die Forschungslandschaft des Zentrums für Angewandte Quantentechnologie ist weltweit einmalig: Nirgends sonst sind Forschungsbereiche so eng verwoben, besteht eine solche Dichte an Hochpräzisions- und Laserlaboren, Reinräumen sowie physikalischen, chemischen und biochemischen Laboren, ergänzt durch Büro- und Kommunikationsflächen. 70 MitarbeiterInnen aus 15 Arbeitsgruppen forschen hier an den Grundlagen für neuartige nanophotonische Quantensensoren. Auch architektonisch verknüpft der Bau die einzelnen Bereiche elegant miteinander, während sie konstruktiv präzise getrennt und gegen störende Einflüsse von draußen abgeschirmt sind.

» Abschirmung, Isolation, Störung, Entkopplung, Kommunikation, informeller Austausch und spontane Treffen – man könnte meinen, diese Begriffe bilden Gegensätze ab. Im ZAQuant sind sie jedoch in ihrer Ganzheitlichkeit essenzielle Voraussetzung, die zum Gelingen der Forschung notwendig ist. «
Markus Hammes, Architekt

Die Vielzahl der hochgradig spezialisierten Nutzungen machte die Bauaufgabe äußerst komplex. Für einzelne Teilaspekte gibt es zwar jeweils prototypische Gebäude, doch hier waren zusätzlich Erfindergeist und individuelle Lösungsansätze nötig. In Summe ergeben sie eine funktional und wirtschaftlich angemessene Antwort auf die gestellten Anforderungen.

Das ZAQuant liegt auf dem Uni-Campus in Stuttgart-Vaihingen zwischen Gebäuden unterschiedlicher Körnung und dem zentralen Grünraum. Auf diese Randbedingungen reagiert es mit einem eigenständigen Baukörper, der zur Straße drei- und zum Grünraum zweigeschossig auftritt. Die Gebäudehülle greift die Materialität der Umgebung auf, ihre Gliederung bildet das Innere ab: Raumhohe Glasflächen verweisen auf gemeinschaftliche Bereiche wie Seminar- und Besprechungsräume, während die geschlossenen Flächen den Reinraum, die Laserlabore und die Hochpräzisionslabore gegen Tageslicht schützen.

So wie die Arbeiten im Innern auf höchste Präzision ausgelegt sind, sind auch die Gebäudekanten ganz exakt formuliert. Es gibt keine Vor- und Rücksprünge und auch keine aufgesetzten Dachzentralen. Rhythmus und Transparenz entstehen durch Glasflächen und strukturierte Fassadenelemente. Aufgrund der notwendigen Trennung von schwingungsentkoppelten und schwingungserzeugenden Bereichen ist der Bau konstruktiv und funktional dreigeteilt: in den Kopfbau zur Straße, den Laborbau und den Seminarbau.

Das Herzstück des Gebäudes ist die dreigeschossige Experimentierhalle im Laborbau, in der sich vier Hochpräzisionslabore aneinanderreihen. Die Messkabinen mit Abmessungen von 6 x 8 x 10 Meter ermöglichen isolierte Messvorgänge, in unterschiedlichen Abstufungen, unter größtmöglichem Ausschluss von mikroseismischen Schwingungen und niederfrequenten Magnetfeldern.

Vertikale Baufugen bis ins Untergeschoss trennen die Experimentierhalle vom Rest des Gebäudes. Jede der vier Messkabinen lagert schwingungsentkoppelt auf sechs pneumatisch gesteuerten Federn auf den Fundamentbarren. Die 150 Tonnen schweren Blöcke mussten „schwebend“ auf der endgültigen Höhe betoniert werden. Um jederzeit Wartungen ausführen zu können, entstanden im Untergeschoss eigene Verkehrsflächen.

Die optimale Abschirmung der Experimente vor äußeren Einflüssen ist nach dem Schalenprinzip aufgebaut: Der Versuchstisch ist durch den Kubus, der Kubus durch die Halle und die Halle durch die umgebenden Räume geschützt.

In Kooperation mit den Forschern wurde eine prototypische Sandwichkonstruktion aus schlussgeglühten mµ-Metall-Aluminiumplatten entwickelt. Eine der Hochpräzisions-Messkabinen ist damit allseitig ummantelt, um sie besonders vor niederfrequenten Magnetfeldern abzuschirmen. Die sichtbare Verschraubung der Hülle setzt sie von den benachbarten Sichtbetonkuben ab.

» Das Experimentier-Herz ist für die Mitarbeiter immer präsent. «
Aus: Tief im Innern liegt ein Schatz

» Der Anspruch der Architekten war es, auch den komplexesten funktionalen Anforderungen unterliegenden Experimentiertrakt spannungsreich zu gestalten. So brechen sie die über zwei Geschosse aufragenden Hallenwände im oberen Drittel mit runden Fenstern auf. Im zweiten Geschoss verknüpfen diese Bullaugen die Laborhalle optisch mit den Büros und Besprechungszonen, die hier ringsum hinter Glaswänden liegen. «

Aus: Tief im Innern liegt ein Schatz, Stuttgarter Zeitung 14.12.2021
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    Die Flure um die Messlabor-Halle wurden als Rundgang angelegt. Große runde Fenster ermöglichen durch Blickbezüge in die Halle und aus ihr hinaus die Orientierung im Gebäude und im Tagesverlauf. Die großen Geschosshöhen sorgen für natürliches Licht bis in die Tiefe der außen liegenden Räume.

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    Die Bullaugen erlauben den Blick in und durch die Halle, im Gegenzug können die Nutzer der Messkabinen die Kollegen im Vorübergehen auf den Fluren wahrnehmen.

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    Im obersten Geschoss des ZAQuant ist ein Dachgarten angelegt, der die darunter liegende Messlabor-Halle nachzeichnet. Auch diese Freifläche, die der Erholung und dem ungezwungenen Austausch der Nutzer dient, ist schwingungsentkoppelt ausgeführt.

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    Die Gelblichtfolie schützt vor Verunreinigung durch Tageslicht. Zugleich bietet der Reinraum damit einen fulminanten ersten Einblick in die Arbeit der Forscher.

  • Gegenüber der gelben Glasfront im Eingangsbereich visualisiert ein Kunstwerk von Christoph Poetsch Motive der Quantenmechanik: Ein Algorithmus generiert aus den Buchstaben von Goethes „Ein gleiches“ zufällige Kombinationen. Versschema und Zeichenzahl pro Zeile werden eingehalten. 10 hoch 134 Varianten gibt es, die jeweils nur für die Dauer eines Atemzugs angezeigt werden.

Standort

Zentrum für Angewandte Quantentechnologie ZAQuant, Universität Stuttgart

Bildung und ErziehungForschung und Wissenschaft
  • Allmandring 13
  • 70569 Stuttgart
  • Deutschland

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