Diskurs

Der Patient im Mittelpunkt

Das Partikel-Therapie-Zentrum empfängt Patienten mit einer Geste der offenen Arme: Das MIT in Marburg ist eine ambulante Einrichtung zur Bestrahlung onkologischer Erkrankungen durch Protonen und Schwerionen.

2004 bekamen wir den Auftrag, eine bisher weltweit nur wenige Male gebaute Partikeltherapieanlage zu planen.

Mitten in einem Laubwald in den Lahnbergen auf dem Campus der Universität Marburg lag der Bauplatz für das Ionenstrahl-Therapiezentrum MIT, einer ambulanten Einrichtung zur dreidimensionalen Bestrahlung onkologischer Erkrankungen. Weltweit sind mit dieser Technologie nur wenige Kliniken ausgestattet.

Der Aufgabe näherten wir uns, indem wir die Perspektive des Patienten einzunehmen versuchten. Es wäre wünschenswert, in dessen Erleben die medizinisch technischen Elemente soweit möglich aus dem Blickfeld zu bringen. Denn die oft größte Hemmschwelle schwerkranker Menschen ist das Betreten eines Krankenhauses.

Unsere Herangehensweise an die Aufgabe war es, mit einer fast übergroßen Geste der Offenheit den Patienten Angst zu nehmen. Die Gebäudeseite mit dem Haupteingang bildet eine einzige Öffnung, großzügig, weit und verglast.

Mit dieser Geste der offenen Arme erfüllt die Architektur hier gleich zwei Aufgaben: die Beruhigung des ankommenden Patienten und durch ihre unausweichliche Präsenz die Überblendung der sich dahinter türmenden, der Technik folgenden Geometrie der Baukörper.

» hammeskrause ist es mit dem Entwurf gelungen, schwerkranken Menschen eine Strahlentherapie so erträglich wie möglich zu machen. «
First Floor 14 – Architekturmagazin, 09.2016

Im Partikel-Therapie-Zentrum werden die Tumoren von an Krebs erkrankten Patienten ambulant mit Protonen und Schwerionen bestrahlt.

Die Besonderheit ist die physikalische und therapeutische Koordination und Kontrolle eines Linearbeschleunigers, eines Synchrotrons und einer Strahlführung bis hin zu den Bestrahlungsräumen, in denen über Roboter die Positionierung der Patienten zum Strahl erfolgt. In ihrer Technologie handelt es sich um eine weltweit führende Anlage.

Das Gebäude empfängt und begleitet den Patienten. Räumliche Enge wird bewusst vermieden.
Das schrittweise Heranführen an die Behandlung wirkt der Schwellenangst des Patienten vor der Hightech-Medizin entgegen.

Ein großzügiger Eingangsbereich nimmt die Patienten auf – eine signifikante Geste mit hohem Wiedererkennungswert. Räumliche Enge wird bewusst vermieden, um von den massiven baulichen Bedingungen der Therapieform abzulenken.

Ziel dieses Konzeptes ist, die Bedrängnis des Patienten, die ihm während der Bestrahlung in den massiven und hermetisch abgeschlossenen Betonbunkern widerfährt, möglichst gut zu lindern.

Hell und licht sind der Wartebereich und die Zone vor den Bestrahlungsräumen – so wird dem Patienten mit einer freundlichen und großzügigen Geste begegnet. Je mehr die räumliche Enge aus therapeutischen Gründen zunehmen muss, desto mehr wird mit architektonischen Mitteln wie Tageslicht über Oberlichter, Farbe, einer offenen Möblierung bis hin zu sorgsam ausgewähltem Kunstlicht gearbeitet, um die immer enger werdenden Räume in Auflösung zu bringen.

Die Grundrissstruktur und die Plastizität des Baukörpers entsprechen den Anforderungen der Therapie und den Notwendigkeiten der Strahlenerzeugung.
Bei einer derartigen Dominanz müssen sich alle formalen und architektonischen Kräfte auf das Wohlfühlen der Patienten konzentrieren.
» Die größte Herausforderung lag dabei in der Koordination eines Linearbeschleunigers, eines Synchrotrons und einer Strahlführung hin zu den Räumen, in denen über Roboter die Patienten vor dem Ionenstrahl positioniert werden. «
Nils Krause

Das Eingangsbauwerk bildet innerhalb der ruhigen Landschaft eine architektonische Landmarke. Die außergewöhnliche Funktion dieser Anlage erforderte eine kompakte Bauweise auf großer Grundfläche (70 x 100 Meter).

Sowohl der Grundriss als auch der Baukörper müssen sich zwingend den technischen Notwendigkeiten der Strahlenerzeugung und Strahlenführung, sowie dem daraus resultierenden, baulich hoch effizienten Workflow unterwerfen.

Ein integrales Ressourcen sparendes Energiekonzept nutzt die erhebliche Prozesswärme und -kälte sowie die der Abluft hochwirksam entzogene Wärme für Heizung und Warmwasser der Klinik und zur Kühlung der Untersuchungsräume und der Büros in Verbindung mit einer Nachtauskühlung über insektensichere, opake Lüftungsflügel.

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